Willeke und Thomas Kliesow


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Teil 2

Afrika > D.R. Kongo > 1. Reise 2008



Wir besuchten auch ein Flüchtlingslager am Rande der Stadt, in dem 2500 Menschen untergebracht sind. Ich kann kaum beschreiben, wie die Menschen dort seit 7 Monaten in selbstgebauten Zelten wohnen (ein Gerüst aus Zweigen, aufgefüllt mit Bananenblättern oder ähnlichem). Manche haben ihre Zelte mit kaputten Plastikfolien, die sie irgendwo gefunden haben, abgedeckt. Matratzen gibt es nicht, nur ein wenig Stroh auf dem Boden. Auch haben die Menschen keine Decken.




Dabei ist es nachts besonders kühl und feucht. Erst seit einer Woche steht in dem Camp eine Zeile mit vier Toiletten (für 2500 Menschen!!!). Der Verantwortliche in dem Lager erzählte uns, dass immer mal wieder Menschen von verschiedenen Hilfsorganisationen sie besucht und Hilfe versprochen haben, dass jedoch bis heute in ihrem Lager nichts davon angekommen ist. Er meint, dass da auch die Regierung dahinter steckt, die diese Hilfsgüter vorher einkassiert. Da fragt man sich, wie die Hilfsgüter verteilt werden ….





Das Wasser zum Trinken und zum Kochen sammeln die Menschen aus den Pfützen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie die Menschen überleben können! Auch in diesem Lager gibt es bereits Cholera-Erkrankungen. Zum Essen haben die Menschen auch nichts. Sie gehen in die Stadt zum Betteln oder sammeln vereinzelte Bohnen vom Boden, die sie in einer großen Konservendose in dem dreckigen Wasser auf einem Feuerchen kochen. Die Feuerstelle besteht aus drei Konservendosen - dazwischen liegen ein paar Holzkohlen. Die Mahlzeit reicht kaum für eine Person, essen tun davon aber 8 oder 10….


Nein, dort gibt es nichts mehr zum Lachen. Die Menschen sind sehr gläubig. Sie beten -glauben, aber eigentlich sind sie verzweifelt. Sie sagen, dass Gott sie prüft. Und wenn sie die Prüfung bestanden haben, wird alles gut! Nur ihr Glauben und die Hoffnung hält sie am Leben.

Manchmal war ich verzweifelt. Ich fühlte mich hilflos und wünschte mir, ganz schnell nach Hause gehen zu können, um das alles nicht mehr zu sehen. Aber - es war gut, dass ich hier war. Die Menschen freuen sich sehr, wenn - gerade auch in der jetzigen Notsituation - Besucher kommen. Sie sehen es als ein Zeichen der Anteilnahme an ihrem Elend und fühlen sich etwas weniger einsam.

Ich war sehr überrascht über die Vielzahl der kleinen und großen Hilfsorganisationen in Goma, Anlaufstellen für die vielen, bedürftigen und kranken Menschen. Das größte Hilfszentrum ist „Heal Africa“, das Krankenhaus für kriegsgeschädigte, traumatisierte Frauen (durch Massenvergewaltigungen und Folter).

Das Fotografieren und Filmen ist sehr anstrengend. Die Menschen hier sind (mit Recht) sehr empfindsam und denken, dass wir die Bilder in Europa an die Presse für viel Geld verkaufen und uns so auf ihre Kosten bereichern.


Ein wenig Freude haben die Menschen bei ihren sonntäglichen Kirchbesuchen.

Der Gottesdienst fängt um 9 Uhr an und kann bis nachmittags 16 Uhr dauern. Es wird viel gesungen. Oft sind mehrere Chöre da, die von Trommeln und Gitarren begleitet werden.

Während des Gottesdienstes haben die Menschen die Gelegenheit, vor allen Gemeindemitgliedern ihre traurigen, schlimmen aber auch ihre erfreulichen Erlebnisse zu schildern. So fühlen sie sich nicht mehr allein!

Natürlich mussten wir uns auch als Besucher vorstellen und haben dazu „Sakadi“ getrommelt, einen Rhythmus, der aus dem Kongo stammt. Die Menschen applaudierten und schrieen vor Begeisterung! Ich war von dem Gottesdienst tief beeindruckt und er hat mir viel Spaß gemacht!





Auf dem Markt wollten wir Trommeln für die Kinder kaufen. Leider stiegen die Preise von USD 5,00 zu einer abnormalen Höhe von USD 70,00, als die Menschen mich –„die Mzungu“ = Weiße - sahen!
Dabei waren die meisten Trommeln nur große angerostete Blechdosen ohne Verzierungen.
Wirklich keine schönen Musikinstrument und die meisten auch keine besonders guten!!!


Ein paar Worte möchte ich zu Kongos Nachbarland Ruanda schreiben:

Kigali, die Hauptstadt von Ruanda, ist eine fortschrittliche, saubere Stadt. Plastiktüten sind in Ruanda verboten und wenn man dabei erwischt wird, dass man etwas auf den Boden wirft, muss man Bußgeld bezahlen.


Bei meiner Reise durch Ruanda war ich fasziniert von der lieblichen, hügeligen, grünen Landschaft, den vielen Blumen in den schönsten Farben. Ruanda wird auch „das Land der 1000 Hügel“ genannt. Überall wird an den Straßen gearbeitet. Hügel werden per Hand abgegraben, um die Straßen zu verbreitern.
Menschen arbeiten gemeinsam auf den Feldern. Die Hänge sind in Parzellen angelegt und die Gräben unten an den Hügeln, die dazu dienen, von den Hängen abgerutschte Erde aufzufangen, werden überall sauber gehalten.


Gisenyi in Ruanda grenzt direkt an Goma im Kongo.
Wenn man die Grenze passiert, ändert sich schlagartig das leuchtende, saubere Bild in ein schwarzes, ärmlich aussehendes. Ich kann es kaum beschreiben!








Ich bekam das Gefühl, dass in Ruanda die Menschen einen Sinn in dem gemeinsamen Wiederaufbau ihres Landes sehen, während auf der anderen Seite der Grenze im Kongo viele Menschen mutlos wirken. Sie sagen sich, dass es sinnlos ist, etwas aufzubauen, wenn der Krieg wieder ausbrechen oder ein neuer Vulkanausbruch große Teile der Stadt zerstören kann.


Während meines Aufenthaltes über mehrere Stunden auf dem Flughafen in Addis Abeba hatte ich viel Zeit, meiner Lieblingsbeschäftigung „Beobachtung der Menschen“ nachzukommen. Neben den vielen Geschäftsreisenden fielen mir besonders die stolzen, hoch gewachsenen Äthiopier in ihren majestätisch wirkenden Gewändern auf. Während der Wartezeit saßen sie gemeinsam auf ihren schönen Teppichen, unterhielten sich, tranken ihren Tee, beteten oder ruhten sich einfach aus.

Ein Bild der absoluten Harmonie.


*****



Nachtrag zur Lage im Ostkongo am 23.01.2009




Unmittelbar vor meiner Abreise nach Guinea hat sich in und um Goma etwas ergeben, was mir nun doch Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Situation der Einwohner macht:

GOMA/MUSHAKI (taz) Es ist, als sei ein böser Fluch gewichen.
Die Kriegsfronten im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo 1,2 Millionen Menschen vor Kämpfen zwischen Regierungstruppen, Milizen und Rebellen geflohen sind, haben sich aufgelöst. Die Straßensperre Mugunga, an der die Armee seit Jahren an der Hauptstraße aus der Provinzhauptstadt Goma Richtung Westen den Verkehr schikaniert - weg. Die Artilleriestellungen in den Hügeln - verwaist. Die Militärposten außerhalb der Frontstadt Sake am Fuß der Berge, wo sich die vorderste Position der Regierungsarmee befand und nur eine Biegung weiter die Vorposten der Tutsi-Rebellen von General Laurent Nkunda - leer. Man kann von der Provinzhauptstadt Goma bis ins Herz des Rebellengebiets der Provinz Nord-Kivu fahren, ohne anhalten zu müssen.

"Das ist wie der Mauerfall in Berlin", sagt ein verblüffter Beobachter in Goma. Am vergangenen Freitagabend setzten sich die elf wichtigsten Militärführer von Nkundas Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes), die seit August 2008 große Gebiete Nord-Kivus erobert hatte, im teuersten Hotel von Goma vor die Presse und verlasen eine "Erklärung zum Ende des Krieges". Die Feindseligkeiten seien eingestellt. Die Rebellion stelle alle ihre Truppen der Regierungsarmee zur Verfügung. "Alle Straßensperren der Armee und der CNDP sind aufgehoben."

Zwei Tage später waren die Straßensperren tatsächlich weg. Und schon am Samstag schloss sich der Dritte in Nord-Kivus Kriegskonstellation, die kongolesische Hutu-Miliz "Pareco" (Kongolesische Widerstandspatrioten), dem Frieden an. Da brachen in Goma Freudenfeiern aus. "Der Krieg ist vorbei!", hieß es auf Spontanmärschen. Sogar Rebellenchef Laurent Nkunda, der sich bis zuletzt gegen die Friedensbestrebungen seiner Kommandanten wehrte und dafür von diesen für abgesetzt erklärt worden war, lenkte ein und behauptet nun, es sei alles seine Idee gewesen.

Am Montag sitzt in Mushaki, einer der wichtigsten CNDP-Basen oben in den Bergen westlich von Goma, Rebellenadministrator Jerome Mushagiro entspannt in seiner Hütte und sagt wie jeder Gesprächspartner: "Der Krieg ist vorbei." Mushaki, wo Nkundas Kämpfer Ende 2007 der Regierungsarmee ihre blutigste Niederlage zufügten, war am Sonntag Schauplatz des ersten Versöhnungsfestes, auf dem Generäle aller Seiten der Bevölkerung das Kriegsende verkündeten. "Diejenigen, die wir Feinde nannten und die uns Feinde nannten - wir haben zusammen getanzt", erzählt ein alter Mann mit Tränen in den Augen.

Das Wichtigste: Man muss keine Angst mehr voreinander haben. Auf dem Rückweg aus Mushaki lässt sich ein CNDP-Soldat in der bisherigen Regierungsfrontstadt Sake absetzen. Noch vor Kurzem zirkulierten dort Lynchaufrufe gegen Tutsi. Jetzt steigt der Tutsi-Rebell, an seiner scheckigen Tarnuniform erkennbar, einfach am Markt aus und spaziert davon. Ein Regierungssoldat in grüner Uniform begegnet ihm. Sie tun so, als hätten sie sich nicht gesehen. Als könne es noch keiner so richtig glauben.




Und am 22.01.2009 wird der Rebellengeneral Nkunda in Ruanda von dortigen Regierungstruppen festgenommen und in Gisenyi unter Hausarrest gestellt.

Ca. 4. 000 ruandische Soldaten überschreiten die Grenze in den Kongo und sollen nun gemeinsam mit den kongolesischen Regierungstruppen gegen die ca. 6.000 Hutu-Rebellen vorgehen, um diese zu entwaffnen.



Gibt es doch noch Wunder???

Ich wünsche es den Bewohnern der Provinz Kivu so sehr, sie haben lange genug leiden müssen !



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